Nicht selten ist das Theater Inspiration für einen Film – vor allem solche Stücke, die mit zwei Personen und begrenzten Locations auskommen. Wie „Die Unschärferelation der Liebe“, der auf Simon Stephens Stück „Heisenberg“ aus dem Jahr 2015 basiert. Es geht um einen Mann und eine Frau im fortgeschrittenen Alter, um eine zufällige Begegnung, und um mehr. Denn die von Caroline Peters gespielte Greta rückt dem von Burghart Klaußner gespielten Alexander so richtig auf die Pelle. Das Ergebnis ist wahrlich vergnüglich.
An einer Bushaltestelle küsst Greta ganz unvermittelt Alexander in den Nacken. Eine Verwechslung, sagt sie. Er habe sie an ihren Mann erinnert, der vor anderthalb Jahren gestorben ist. Während sie munter weiterquasselt, will er nur weg. Aber Greta folgt ihm und redet weiter auf ihn ein. Irgendwann schüttelt er sie ab. Aber ein paar Tage später steht sie in seiner Metzgerei – Sie hat ihn gegooglet und den Laden gefunden. Aber nachspioniert hat sie ihm nicht. Naja, nur ein bisschen, weil sie sich so gerne mit ihm unterhält. Alexander ist irritiert, etwas perplex, aber auf seltsame Art und Weise fühlt er sich von der jüngeren Frau auch angesprochen. Sie bringt mit ihrer quirligen Art eine Freude in sein Leben, die er längst vergessen geglaubt hat.
Simon Stephens‘ Stück ist ein anrührendes Melodram, das die Heisenbergsche Unschärferelation darauf anwendet, wie sich die Wahrnehmung von Menschen und Beziehungen verändert, und zwar je nachdem, was man darüber erfährt. Irrationale Handlungen können so durchaus vernünftig motiviert sein, was man zu wissen glaubt, ist nicht zwangsläufig auch, was wirklich ist. Entsprechend arbeitet das Stück mit Überraschungen – für die Hauptfiguren, aber auch die Zuschauer. Gleiches gilt auch für die filmische Adaption von Lars Kraume, der die Essenz des Stücks nimmt, ebenso wie die Figuren, aber sie von London nach Berlin versetzt.
Filme wie dieser leben nicht nur von den Dialogen, sondern auch den Hauptdarstellern. Burghart Klaußner und Caroline Peters sind hervorragend. Er der ältere Mann, der im Alltagstrott versunken ist und immer alles gleich macht, sie die exaltierte Frau, die gerne mal flunkert, vor allem aber auch nie zum Stillstand kommt. Sie redet ohne Punkt und Komma. Über ihr Leben – das erfundene, aber auch das reale – und über Alexander. Sie gibt Schätzungen ab, wer und was er ist, für einen Metzger hält sie ihn aber nicht.
Deutschland 2023; Regie: Lars Kraume; Buch: Lars Kraume, Dorothee Schön; Darsteller: Burghart Klaußner, Caroline Peters; Länge: 85 Minuten; Altersfreigabe: FSK 6